Hedera
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Press release
The works by Erwin Gross gathered under the title Hedera (ivy) are nothing less than a departure into new territory. It is true that many things characterizing his painterly oeuvre over the years continue to be present - as for example the landscape, the natural growth or the floral. And yet in his most recent works, the artist forges new paths - paths that open up and expand the abovementioned spectrum of his painting, pushing it towards the unexpected.
One of these paths leads into darkness - is it the night? The medium-format paintings range from gray to black in tone and, as usual, are created from numerous layers of applied and removed, poured and washed-out pigments or ink. Depending on the saturation of the black tones, iridescent nuances of color will reveal themselves to the patient gaze here and there, shimmering through the dark clouds of paint. It is as if this darkness were a memory space of some colorful events, the afterglow of which can only be perceived over time. In some places, splashes of color are combined into constellations that emerge only to disappear again - intuitions rather than tangible knowledge, occurrences rather than objects. In this respect alone, the series of works could be seen in the tradition of the Nocturnes - those night pieces from which stars shine at us - were it not for the tendency towards symmetry, with which the traces of the flaring dots of color cover the darkness like colorful embroidery.
It connects the black images with the light ones. Here, too, dabs of alternating shades of color tentatively join together, but sharply stand out from the whitish, washed-out backgrounds of the picture. Like ornaments for vessels or figures, they wind upwards, form garlands, thicken in different rhythms and gradually fade away. The vegetal reverberates here just as much as the floral in the stricter sense. Now, however, they are placed in the solemn rhythms of a decoration that adorns formations that have long since retreated into the white mist of the ground. Even if they remain forever elusive there, the airy yet devout lines of their ornamentation give a vague hint of their shape, which is sometimes condensed into a shade-like color field. Like the eponymous ivy (Hedera), which winds around trees and embraces them, these colorful constellations are tendrils and frames around something that is just as much in the process of disappearing as it is emerging from the mist, but always below the threshold of tangibility.
Carolin Meister
Pressetext
Die unter dem Titel Hedera (Efeu) versammelten Werke von Erwin Gross sind nicht weniger als ein Aufbruch in neue Gefilde. Zwar besteht so manches fort, was sein malerisches OEuvre über die Jahre hinweg kennzeichnet: etwa das Landschaftliche, das Naturwüchsige oder das Florale. Und doch schlägt der Künstler in seinen jüngsten Arbeiten neue Wege ein – Wege, die das genannte Spektrum seiner Malerei öffnen und erweitern, zu Ungeahntem hin forttreiben.
Einer dieser Wege führt in die Dunkelheit – ist es die Nacht? Die Bilder im mittleren Format sind grau- bis schwarztonig und entstehen wie gewohnt aus zahlreichen Schichtungen auf- und abgetragener, angeschütteter und ausgewaschener Pigmente oder Tusche. Je nach Sättigung der schwarzen Farbtöne enthüllen sich dem geduldigen Bick hier und da schillernde Farbnuancen, die durch die dunklen Farbwolken hindurchschimmern. So als ob diese Dunkelheit ein Erinnerungsraum von farbigen Geschehnissen wäre, deren Nachglühen sich erst mit der Zeit wahrnehmen ließe. An manchen Stellen verketten sich Farbtupfer zu Konstellationen, die nur hervortreten, um sich wieder zu verlieren – eher Ahnungen als greifbares Wissen, eher Ereignis als Ding. Allein in dieser Hinsicht könnte man die Werkreihe in der Tradition der Nocturnes sehen, jener Nachtstücke, aus denen uns Gestirne entgegenleuchten. Wäre da nicht die Tendenz zur Symmetrie, mit der die Spuren der aufflammenden Farbtupfen die Dunkelheit gleich einer bunten Stickerei durchwirken.
Sie verbindet die schwarzen mit den hellen Bildern. Auch hier fügen sich wie tastend Tupfen in alternierenden Farbtönen aneinander, deutlich hervortretend allerdings aus den weißlichen, verwaschenen Bildgründen. Wie ein Schmuckwerk für Gefäße oder Figuren winden sie sich empor, bilden Girlanden, verdichten sich in unterschiedlichen Rhythmen und verblassen. Das Vegetabile klingt hier genauso nach wie im engeren Sinne das Florale. Nun jedoch sind sie in die feierlichen Rhythmen eines Dekors gebracht, welcher Gebilde ziert, die sich lange schon zurückgezogen haben in den weißen Nebel des Grundes. Auch wenn sie dort für immer entzogen bleiben, geben die so luftigen wie andächtigen Lineamente ihres Zierrats eine vage Andeutung ihrer Gestalt, die sich bisweilen auch in einem schattenhaften Farbfeld verdichtet. Wie der titelgebende Efeu (Hedera), der sich um die Bäume windet und sie umfasst, sind diese farbigen Konstellationen Rankwerk und Rahmen um etwas, das genauso im Verschwinden begriffen ist, wie es gerade aus dem Dunst emportaucht, jedoch stets unterhalb der Schwelle der Fassbarkeit.
Carolin Meister