Sein und Zeit
Please scroll down to the German version
Press release
If something abruptly gets lost and disappears, if something previously available no longer can be handled, the day-to-day customs of our existence are severely shaken. Amidst the oblivion of being, the loss of self, and barred communications we take notice.
Experiencing the loss of something or someone raises fears our existence could be in question or even danger. That we are cut to the quick by this is no mawkishness. We fear for our accustomed doings.
All the more, we strive for security in everyday life. Yet, this tranquil state of averageness leads to an utmost »grinding of all possibilities of being« – lightheartedly, we drift into the »inauthenticity of a general ›someones‹ [man].«
Although, from this results an even harder blow.
In face of our own death, our own finality, all of a sudden, we feel anxious. An anxiety that »nothing in the world is relevant any more. Nothing that is to be found or encountered in the world« can guide or direct our existence, make it mandatory. This anxiety is no small disturbance in our daily routine as fear was before. It is a fundamental break causing the world surrounding us to collapse back upon itself in nullity.
In fear, existence fears for its own possibilities-of-being. In turn in anxiety, it is anxious about the whole ontic world of entities.
Nonetheless, in anxiety any existence is anxious in »the state of someone«. Only the impersonal ›someone‹ feels anxiety. As soon as it breaks down, existence stays on its own, so to say, as the last evident being.
This fatal anxiety confronts existence with itself; the »tranquilized, familiar being-in-the-world« reverts into the uncanniness of existence. The everyday familiarity of »being-in turns into the existential mode of not-being-at-home«, the ›someone‹ fades and the self of existence remains.
The whole world becomes a daimonios topos, an uncanny place. For, where »Being itself is beheld, the un-canny comes forward reaching far out beyond the familiar, inexplicable out of the world of entities: the un-canny, literally speaking and not in the commonly used sense«. But this demonic un-canniness is nothing outstanding or conspicuous, it is something »simple, unimposing, unseizable for the pincers of the mind [...], Being itself«.
What reveals itself is un-canny, because it belongs so closely to what is usually most familiar. Still, it can never be explained and understood by any familiar means as it addresses existence in »the primordial existential mode of being.« Appreciating this within our own existence, would imply accepting that every existence is based upon Being itself.
By acknowledging our own finality, we realize ourselves in our own possibilities; we become aware of our existence’s authentic possibilities-of-being.
As in the most desperate hour – facing our own death –, a leap back into existence takes places revealing it as »the most particular potentiality for being, as the constitutive freedom of choosing and seizing one’s very own self«.
This, one must consider carefully.
Painting, a kind of painting, being capable of this, freely regaining the image as an image, would be »a destiny, a calmness, we also have to obtain«, to endure this anxiety, to endure the world.
Christian Malycha
all quotes taken from: Martin Heidegger, Sein und Zeit, Niemeyer, Tübingen 1993 (translated by the author)
Pressetext
Wenn etwas abhandenkommt und ausbleibt, ein Vorhandenes sich nicht länger handhabbar machen lässt, erschüttert dies die alltägliche Gewohnheit unseres Daseins. Inmitten von Seinsvergessenheit, Selbstverlorenheit und verschlossener Rede merken wir plötzlich auf.
Die Erfahrung des Abhandenkommens von etwas oder jemandem lässt die Befürchtung aufkommen, dass unser Daseins in Frage gestellt oder bedroht sein könnte. Dass wir davon getroffen sind, rührt allerdings nicht her aus »Graden von Gefühlstönen«. Wir fürchten uns vielmehr um unser gewohntes Tun.
Vor diesem ungewohnten Zustand suchen wir umso stärkeren Halt im Alltäglichen. Doch gerade diese beschauliche Durchschnittlichkeit führt zu einer vollkommenen »Einebnung aller Seinsmöglichkeiten« – wir lassen uns leichthin in die »Uneigentlichkeit eines allgemeinen Man« verwirbeln.
Was daraus folgt, ist jedoch ein ungleich härterer Stoß.
Denn in Anbetracht unseres eigenen Todes, unserer eigenen Endlichkeit empfinden wir unvermittelt Angst. Angst, dass »das innerweltliche Seiende nicht relevant ist. Nichts von dem, was innerhalb der Welt zuhanden und vorhanden ist«, kann unserem Dasein mehr einen Halt oder eine Orientierung bieten, das Dasein verbindlich machen. Diese Angst ist keine kleine Störung des Alltags wie zuvor die Furcht. Sie ist ein fundamentaler Bruch, der die Welt in Nichtigkeit in sich zusammenfallen lässt.
In der Furcht fürchtete sich das Dasein um sich selbst als Seinsmöglichkeit. In der Angst hingegen ängstigt es sich um die ganze ontisch-seiende Welt.
Festzuhalten ist aber, dass sich das Dasein in der Angst in der »Befindlichkeit des Man« ängstigt. Angst empfindet nur das uneigentliche Man. Sobald es zerbricht, bleibt das Dasein allein auf sich gestellt zurück, sozusagen als letztes evidentes Seiende.
Die Angst wirft das Dasein auf sich selbst zurück, das »beruhigt-vertraute In-der-Welt-sein« schlägt um in die Unheimlichkeit des Daseins. Die alltägliche Vertrautheit des »In-Sein kommt in den existenzialen Modus des Un-zuhause«, der das Man verschwinden und das Selbst des Dasein übriglässt.
Die gesamte Welt wird zu einem daimonios topos, einem unheimlichen Ort, denn gerade dort, wo »das Sein in den Blick kommt, da meldet sich das Nicht-Geheure, das über das Geheure weg-schwingende Überschwängliche, das durch die Erklärungen aus dem Seienden nicht Erklärbare: das Un-geheure, wörtlich verstanden und nicht in dem sonst geläufigen Sinne«. Doch dieses Un-geheure hat nichts Herausstechendes und Auffallendes, es ist »das Einfache, Unscheinbare, für die Greifzange des Willens Ungreifbare [...], das Sein selbst«.
Un-geheur ist, was sich dort dem Blick zeigt, sich vernehmen lässt, da es unmittelbar in die Nähe des sonst Geheuren gehört. Und doch kann es nicht aus diesem erklärt und verstanden werden, da es »eine ursprünglich existenziale Seinsart« des jeweiligen Daseins angeht. Sich im Dasein auf das Sein zu verstehen, hieße anzuerkennen, dass jedes Dasein auf jenem Sein gründet.
Indem wir die eigene Endlichkeit anerkennen, erkennen wir uns in unseren eigensten Möglichkeiten, werden der eigentlichen Seinsmöglichkeiten unseres Daseins bewusst.
Im Augenblick der größten Not – in Anbetracht des Todes – geschieht ein Sprung zurück ins Dasein, das sich allein übriggeblieben als »das Sein zum eigensten Seinkönnen, das heißt als Freisein für die Freiheit des Sich-selbst-wählens und Sich-selbst-ergreifens« offenbart.
Dies muss man vorsichtig bedenken.
Und eine Malerei, die dies vermochte, die frei das Bild wieder als Bild gewönne, wäre »ein Schicksal, eine Ruhe, die auch wir erlangen müssen«, um entschlossen die Angst zu bestehen, die Welt zu bestehen.
Christian Malycha
sämtliche Zitate aus: Martin Heidegger, Sein und Zeit, Niemeyer, Tübingen 1993