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Exhibition
05.03.2010 - 10.04.2010

Philipp Messner, Christine Moldrickx

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Press Release

The correlations between Philipp Messner’s artistic quest and the methods of Neo-Conceptualism are clear and, at the same time, blurred. It is in these established but continuous oscillations that the extremely dynamic rules of his works and installations are anchored. The materials and production processes employed by the artist allude to Minimal Art and its “industrial” aesthetics; formal grammar is reduced to elementary forms.

An element of constant de-structuring and disburdening of the picture is introduced into the visual immediateness of his works. This occurs, on the one hand, on the level of dismantling and three-dimensional re-assembling - the change of position and reorganisation of the resulting elements is also intended here. On the other hand, the use of mirroring and reflection (as in his work “Parkettierung”, 2008), which lends a perceptual and creative virtuality to the flat, two-dimensional surface, becomes an element of “putting-into-perspective”, a linking element between the piece of work, the observer and the exhibition room. The recipient’s role in this regard is a fluid one, that of an active transmitter. Without assuming any particular position beforehand, the recipients become integrated into a constantly changing relationship which determines their perception and which they, in turn, co-influence with their physical movements and intellectual projections.

The relations between Messner and the tradition of Conceptual Art are characterised by a patient and deliberate distillation of experiments which, in addition, are attributable to Kinetic Art and Arte Povera among others, and, at the same time, by an interest in applied art, design and architecture as expressions of a culture of planning which is, by means of the empirical space of the work, capable of questioning and radically changing the real and symbolic space of our experience and our beliefs.

It is the concept of mutual influence of diverse media which shapes Christine Moldrickx’s oeuvre. It is not the components of opposition that are relevant here, but rather the process of merging – that which belonged to one medium, continues within the laws of that which has been added without, however, denying its origin and its uniqueness. New, unsettling creations thus develop out of various (image-) carriers. The works on display in Galerie Bernd Kugler can be considered as representations, the oscillatory nature of which alludes to their respective transportation into a new reality.

The pictures (“untitled”, 2008), portray black and white photographs combined with coloured crayon and pencil drawings. The photographs show interior spaces – a room, a stairwell and a view from a room of a garden. Separated from each other by their framing, dissimilar and broken perspectives come together to create a fragmented image of a house. The visualisations, drawn on paper, are arranged within the photographs. These can be understood as gestural-pictorial abstractions of cloud-like traces which proliferate over the paper and, from an empirical-rational point of view, have no direct connection with what is depicted in the photographs. Rather, they broaden the area covered by the photographs into an imaginary pictorial space. In this way, potential correlations can be drawn up, for example when a green coloured shape overlaps the view of the garden, and the graphic movements on the paper seem to reflect the leaves on the bushes and trees outside.
Here, Moldrickx blends the heterogeneous presentation techniques - photography and abstract drawing - in overlapping and associatively complementary levels.

In small-format pictures from 2009, Christine Moldrickx uses images from the artist Sigrid Kopfermann taken from a catalogue published in 2003 to commemorate Kopfermann’s 80th birthday. The impetus behind her works was the Kopfermann-Fuhrmann endowment prize, which was awarded to Moldrickx in 2009. The slightly enlarged catalogue images were firstly transferred onto their original carrier materials - canvas and paper - by means of ink-jet printing. By doing so, they were brought closer to their original materiality. The images are brushed over with a transparent acrylic, whereby the brush strokes imitate those of the painting itself which is represented by the printed image. “Within my limited field, I was able, in a game-like way, to adopt the role of the painter for a short time, without my brush strokes actually covering over hers.” (Christine Moldrickx) The imaginative abstract and what really exists or what is being presented co-exist here in a fundamental dissimilarity. But it is precisely this discrepancy that makes one accessible within the other and vice-versa. Here too, it involves a kind of continuance under altered conditions. By means of a gap in the thought and perceptual process, this work too generates room for imagination and interpretation.


Pressetext

Zentrales Thema im Werk von Philipp Messner ist die Hinterfragung der menschlichen Wahrnehmung, im Speziellen der Aspekt unserer Erwartungshaltung angesichts dessen, was wir sehen. Die Zusammenhänge zwischen der künstlerischen Suche Philipp Messners und den Verfahrensweisen des Neokonzeptualismus sind dabei eindeutig und gleichzeitig verschwommen. Auf diesem gesetzten, aber beständigen Schwingen beruht die zutiefst dynamische Satzung seiner Werke und Installationen.

Die vom Künstler verwendeten Materialien und Herstellungsprozesse verweisen auf die Minimal Art und auf ihre „industrielle“ Ästhetik, die formale Grammatik ist auf einfache Formen reduziert.

In die visuelle Unmittelbarkeit seiner Arbeiten wird ein Element des ständigen Destrukturierens und Erleichterns des Bildes eingeführt: dieses kommt einerseits auf der Ebene des Zerlegens und dreidimensionalen Wiederzusammenfügens zustande – dabei ist auch die Lageveränderung und Neuzusammensetzung der sich ergebenden Elemente vorgesehen. Zum anderen wird die Verwendung der Spiegelung bzw. des Widerscheins (wie im Werk „Parkettierung“, 2008), die der flachen und zweidimensionalen Oberfläche jene perzeptorische und bildschöpferische Virtualität verleihen, zum Element der Verknüpfung und des „In-die-Perspektive-Setzens“ zwischen Werk, Betrachter und Ausstellungsraum.

Die Beziehungen zwischen Messner und der Tradition der Konzeptkunst sind gekennzeichnet durch eine geduldige und bewusste Destillation von Experimenten, die unter anderem auch der Kinetischen Kunst und der Arte Povera zurechenbar sind, und zugleich durch ein Interesse für die angewandte Kunst, das Design, die Architektur als Ausdruck einer Planungskultur, die imstande ist, mittels des empirischen Raumes des Werkes den realen und symbolischen Raum unserer Erfahrungen und Überzeugungen zu hinterfragen und umzukrempeln.

Es ist das Moment der gegenseitigen Beeinflussung unterschiedlicher Medien, welches das Œuvre von Christine Moldrickx bestimmt. Nicht die oppositionelle Komponente ist hier von Bedeutung, sondern der Prozess des ineinander Übergehens: Das, was in dem einen Medium war, setzt sich mit den Gesetzmäßigkeiten des hinzugefügten fort, ohne dabei seinen Ursprung und seine Eigenart zu verleugnen.  Aus verschiedenen (Bild-)Trägern entwickeln sich so neue, irritierende Gebilde.

Die in der Galerie Bernd Kugler präsentierten Arbeiten könnten als Darstellungen begriffen werden, deren oszillierender Charakter jeweils auf ihre Überführung in eine neue Realität verweist.

Die Fotoarbeiten („ohne Titel“, 2008) stellen eine Kombination aus Schwarzweiß-Fotografien mit farbigen Bunt- und Bleistiftzeichnungen dar. Die Aufnahmen zeigen Innenräume: ein Zimmer, einen Treppenbereich und einen Blick aus einem Raum in einen Garten. Unterschiedliche und gebrochene Perspektiven, durch deren Rahmung getrennt, schließen sich zum fragmentierten Abbild eines Wohnhauses zusammen. In die Lichtbilder eingesetzt,  sind die Visualisierungen auf Papier. Jene können als gestisch-malerische Abstraktionen aus wolkenartigen Schattierungen verstanden werden, die sich wuchernd über das Blatt ausbreiten und empirisch-rational betrachtet, keinen direkten Bezug zum in der Fotografie Gezeigten herstellen lassen. Vielmehr erweitern sie den abgelichteten Bereich in einen imaginären Bildraum. So lassen sich mögliche  Korrespondenzen herstellen, wenn etwa eine grünfarbige Form den Blick in den Garten überlagert und die zeichnerischen Bewegungen auf dem Papier den Blättern von Büschen und Bäumen im Freien zu entsprechen scheinen.

Moldrickx verbindet hier die heterogenen Darstellungsweisen „Fotografie“ und „abstrakte Zeichnung“ in sich überdeckenden und assoziativ ergänzenden Ebenen.

In kleinformatigen Bildern aus dem Jahr 2009 verwendet Christine Moldrickx vorgefundene Abbildungen aus einem Katalog der Künstlerin Sigrid Kopfermann, welcher im Jahr 2003 anlässlich ihres 80. Geburtstages erschienen ist. Der Anstoß für die Arbeiten war die Auszeichnung des Förderpreises der Kopfermann-Fuhrmann-Stiftung an Moldrickx (2009). Die Abbildungen des Kataloges wurden zunächst, leicht vergrößert, mittels Tintenstrahldruck auf die ursprünglichen Trägermaterialien Leinwand und Papier übertragen. Dadurch wurden jene wieder näher an ihre ursprüngliche Stofflichkeit geführt. Die Abbildungen sind mit einer durchsichtigen Acrylfarbe überarbeitet, wobei der Pinselduktus die durch die Drucktechnik repräsentierte Malerei imitiert: „In meinem abgegrenzten Feld konnte ich dadurch wie in einem Spiel kurzzeitig die Rolle der Malerin übernehmen, ohne mit meinen Pinselspuren ihre Malerei zu überdecken.“ (Christine Moldrickx)  Das imaginativ Abstrakte und das real Existierende bzw. Dargestellte koexistieren hier in einer grundlegenden Verschiedenheit. Aber gerade diese Divergenz macht das Eine im Anderen erschließbar und umgekehrt. Auch hier geht es wieder um eine Art Fortsetzung unter veränderten Bedingungen.

Durch eine Lücke im Denk- und Wahrnehmungsprozess entwickelt auch diese Arbeit Raum für Imagination und Interpretation.