La vie printanière
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Press release
„The spring like life“ is for René Luckhardt not primarily a large concept, rather a large picture. La vie printanière stands out from the other paintings due to its size of approx. 5 x 2.5 m. This area is for the most part only thinly covered with colour, which lets the white background shine through and is left blank in many places. More than just a showplace, a whole world opens up within this exhibition. It is not for nothing that La vie printanière gives the exhibition its title.
A round dance circles a centre. A complete work of art bundles all the rays from its periphery into an altarpiece for example. In the exhibition La vie printanière there is so little architectural, so little iconographic to read that in contrast every picture finds its place and its sense in that which makes it stand out from the others. Therefore the large picture not only has the title of the exhibition, it also really contains the period of time that René Luckhardt opens up.
A time frame in painting is a light space. The Woman who recurs in several paintings as the "Grandmother", opens up this light space in La vie printanière. The old woman’s breasts in the upper middle of the picture droop onto a yellow circle, which flows downwards and protrudes from the three young women. If the old woman is immersed in the golden lights, which illuminate her face from below, the three lying, crouching, sitting women are presented in an uneasy light like in a night club. Their agitated posing lets their individuality and injury emerge much more than it fractures it. The return to the unit, which was first composed if you like in the knots in the old woman’s hair, succeeds only in abandoning the awareness that what the old woman is immersed in, is realised in the young ones. In the blooms which encompass the composition spherically to the left and right, the round dance which immerses people in unhappiness, disengages itself.
The picture therefore embodies the idea of emanation in a new way: The one but feminine awareness is immersed in another, but equally her own being. This being is divided into three. The division is unhappiness, in that women are only for men and viewers. This unhappy awareness is freed in the round dance of the blooms. This is a contrast between the cumbersome, depraved body weight of the women on the ground and the exhilarated rise of the plants which unite somewhere above with the awareness, which it all starts from!
The idea of emanation, that everything comes from one place, suffers and is released, in that it finds itself back there, is nothing new. René Luckhardt however formulates this in a little known way: the fact that the one corresponding awareness is the one woman. The course of things is inverted: after age follows youth and after youth follows the bloom. And no human optimism reaches as far as what the picture tells us: an inversion of innocence, literally an inverted deflowering.
The idea of emanation combines the appearance of things with their origin. This combination corresponds to the combination of that which Wolfgang Schöne calls day light and illumination light in painting. In La vie printanière this combination is palpable in the yellow middle of the picture and its reflection on the countenance of the woman. The time frame which corresponds to this light room is not only historically the time lag between Cimabue and Giotto. This time lag is also called Renaissance, and so René Luckhardt is reformulating this Renaissance: Life which is spring like is also always the life of spring.
Berthold Reiß
Pressetext
„Das frühlingshafte Leben“ ist für René Luckhardt nicht zuerst ein großer Begriff, sondern ein großes Bild. La vie printanière hebt sich von den anderen Gemälden ab durch seine Größe von ca. 5 x 2,5 m. Diese Fläche ist zum größten Teil nur dünn mit Farbe bedeckt, die den weißen Grund durchscheinen und an vielen Stellen auch frei lässt. Mehr als ein Schauplatz, eine Welt tut sich hier auf in der Welt dieser Ausstellung. Nicht umsonst gibt La vie printanière der Ausstellung den Titel.
Ein Reigen kreist um ein Zentrum. Ein Gesamtkunstwerk bündelt alle Strahlen aus seiner Peripherie zum Beispiel in einem Altarbild. Die Ausstellung La vie printanière ist aber so wenig architektonisch, so wenig ikonografisch zu lesen, dass im Gegenteil jedes Bild seinen Ort wie seinen Sinn gerade in dem findet, was es von den anderen abhebt. Dennoch hat das große Bild nicht nur den Titel der Ausstellung; es enthält auch wirklich den Zeit-Raum, den René Luckhardt eröffnet.
Ein Zeit-Raum der Malerei ist ein Licht-Raum. Die Frau, die in mehreren Bildern wiederkehrt als „die Großmutter“, eröffnet in La vie printanière diesen Licht-Raum. Die Brüste der alten Frau in der oberen Mitte des Bildes hängen herab auf einen gelben Kreis, der nach unten hin ausfließt und aus dem drei junge Frauen hervortreten. Ist die Alte versenkt in das goldene Leuchten, das ihr Gesicht von unten beleuchtet, so bieten sich die drei liegenden, hockenden, sitzenden Frauen dar in unruhigem Licht wie im Nachtclub. Ihr aufgelöstes Posieren läßt ihre Individualität und Verletztheit viel mehr hervortreten, als dass es sie bricht. Die Rückkehr zu der Einheit, die erst gefasst war, wenn man so will, im strengen Haarknoten der Alten, gelingt erst im Verlassen des Bewusstseins, das in der Alten versunken, in den Jungen veräußert ist. In den Blüten, die die Komposition links und rechts sphärisch umschließen, befreit sich der Reigen, dem die Menschen zu ihrem Unglück verfallen.
Das Bild verkörpert also den Gedanken der Emanation neu: Das eine, aber weibliche Bewusstsein ist versenkt in einem anderen, aber ebenso einigen Sein. Dieses Sein spaltet sich in ein dreifaches. Die Spaltung ist Unglück, indem die Frauen nur für andere sind, für die Männer und für die Betrachter. Dieses unglückliche Bewusstsein wird im Reigen der Blüten befreit. Welch ein Kontrast zwischen der lästigen, lasterhaften Körperschwere der Frauen am Boden und dem beschwingten Aufstieg der Pflanzen, der sich irgendwo oben vereinigt mit dem Bewusstsein, von dem alles ausging!
Der Gedanke der Emanation, dass Alles aus Einem hervorgeht, leidet, und erlöst wird, indem es dahin zurückfindet, ist nicht neu. René Luckhardt aber formuliert ihn auf kaum gekannte Weise: Das dem Einen entsprechende Bewusstsein ist das einer Frau. Der Lauf der Dinge ist umgekehrt: Auf das Alter folgt erst die Jugend, und auf die Jugend folgt erst die Blüte. Und kein Optimismus der Menschen reicht hin zu dem, was das Bild uns verheißt: eine Wiederkehr der Unschuld, buchstäblich eine umgekehrte Defloration.
Der Gedanke der Emanation verbindet die Erscheinung der Dinge mit ihrem Ursprung. Dieser Verbindung entspricht die Verbindung dessen, was Wolfgang Schöne das Eigenlicht und das Beleuchtungslicht in der Malerei nennt. In La vie printanière ist diese Verbindung greifbar in der gelben Mitte des Bildes und deren Widerschein im Antlitz der Frau. Der Zeit-Raum, dem dieser Licht-Raum entspricht, ist nicht nur historisch der Abstand zwischen Cimabue und Giotto. Heißt dieser Abstand auch Renaissance, so formuliert René Luckhardt diese Renaissance neu: Das Leben, das frühlingshaft ist, ist immer auch das Leben des Frühlings.
Berthold Reiß